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Pinkwashing der Tradition? Anmerkungen zur Vereinbarkeit von LGBTIQ*-Inklusion und aristotelisch-thomistischer Tradition

Ruben Schneider behandelt die Frage, inwiefern die katholische Sexualanthropologie und -moral der LGBTIQ*-Community entgegenkommen kann, ohne die aristotelisch-thomistische Naturrechtslehre aufgeben zu müssen.

Schneider argumentiert zunächst, dass die aristotelische Metaphysik nicht zwangsläufig die Eigenschaften von „Mannsein“ und „Frausein“ essentialisiert. Vielmehr werde in der aristotelischen Metaphysik die Wesenheit noch vor jeder Geschlechterdifferenzierung dem „menschlichen Dasein“ zugesprochen. Damit sei die aristotelische Metaphysik grundsätzlich mit der modernen Unterscheidung von „sex“ und „gender“ vereinbar.

In einem zweiten Schritt wird aufgezeigt, dass auch die aristotelisch-thomistische Naturrechtslehre mit einem personalistischen Ansatz in der Sexualmoral vereinbar sei, der homosexuelle Orientierungen positiv bewertet. Er kritisiert, dass das kirchliche Lehramt in seinen Verurteilungen von Homosexualität die biologische Komplementarität über die personale Komplementarität stelle und damit einem Biologismus verfalle. Stattdessen müsse die personale Dimension der Liebe auch bei Homosexuellen anerkannt werden. Schneider sieht hier keine unüberbrückbaren Widersprüche zur aristotelisch-thomistischen Metaphysik.

In einem dritten Teil nimmt Schneider allerdings eine grundlegend kritische Perspektive ein. Aus einer queertheoretischen Sichtweise warnt er vor der Gefahr des „Pinkwashing“, also der unlauteren Vereinnahmung der LGBTIQ*-Community durch die Kirche: „Soll denn genau diejenige Institution, die uns bislang abwertend definiert und unterdrückt hat, jetzt plötzlich die Definitionsmacht werden, welche uns positiv definiert?“ Stattdessen müsse die Kirche anerkennen, dass sie die Sexualität und das Liebesleben Homosexueller in ihrem „heterosexuellen Koordinatensystem“ nicht angemessen erfassen könne.

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